„Jenseits von Reinbuttern und Absahnen - der gute Ausgleich im Geben und Nehmen“

Der Weg Nr. 4  zur erfüllten und glücklichen Partnerschaft


Geben und Nehmen bzw. Empfangen gehören zusammen wie Tag und Nacht. Ohne Empfänger kannst Du nichts geben. Ohne Geber kannst Du nichts empfangen. Das Wechselspiel von Geben und Empfangen sorgt für Ausgeglichenheit und Lebendigkeit in jeglichen Beziehungen, so auch in der Partnerschaft. Wenn etwas im Verhältnis von Geben und Nehmen nicht mehr stimmt, ist das häufig ein Grund für Stress und Streit. Lerne in diesem Artikel unsere ganzheitliche Sicht auf den guten Ausgleich kennen!

Impuls zur Standortbestimmung

Unser Impuls zur Standortbestimmung besteht aus einem Leitsatz und einer Kardinalfrage. Der Leitsatz für Weg 4 betont weniger die Ausgeglichenheit als solche, sondern den Frieden mit dem, was ist.

Wir sind mit dem Verhältnis von Geben und Nehmen beide einverstanden.

Was würdest Du spontan sagen: Kannst Du diese Aussage unterschreiben? War das schon immer so?

Die Kardinalfrage fordert Dich zu einem klaren Ja oder Nein heraus. Lass die Kardinalfrage bzw. Deine Antwort eine Zeitlang auf Dich wirken, bevor Du weiterliest!

Wenn Du großzügig darauf schaust, wie es zwischen Euch fließt: Stimmt es dann für Dich in dem, was Du gibst und was Du bekommst?

Woran Du erkennst, dass es nicht stimmt

„Das Geben und Nehmen ist bei uns ganz unausgewogen“ – so lautet die Störung auf Weg 4, die uns am häufigsten zu Ohren kommt. Du wirst intuitiv wissen, wie das i.d.R. gemeint ist und wer das fast immer sagt: Es ist die Person, die den Eindruck hat, deutlich mehr zu geben als sie zurückbekommt. Die Person, die mehr nimmt als gibt, beschwert sich eher selten. Es sei denn, sie bekommt zu viel von etwas, was sie gar nicht will. Eine derartige „Zwangsbeglückung“ zählen wir hier genauso zu den Störungen beim Geben wie das Geben, an dem bestimmte Erwartungen und Hintergedanken hängen oder das von Widerwillen durchtränkt ist. Umgekehrt kennst Du beim Empfangen vielleicht die Schwierigkeit, Unterstützung oder Geschenke anzunehmen bzw. sie Dir zuzugestehen oder Dich daran zu freuen.

Wenn sich jemand von Euch dabei beobachtet, nur noch in Leistung und Gegenleistung zu denken und ständig aufzurechnen, stimmt es auch schon längst nicht mehr. Ausgewogenheit an sich ist also kein Garant für Paarglück. Wem geht es schon gut dabei, wenn ein großes „Fifty/Fifty“ aus reiner Gewohnheit, Verpflichtung oder Anstrengung zustande kommt? Für wen ist die Partnerschaft gesund und lebendig, wenn sich beide darin eingerichtet haben, einander nur ganz wenig zu geben und voneinander nur ganz wenig zu nehmen?

Unstimmigkeiten entstehen ferner dann, wenn eine/r etwas bekommen will, was der/die andere gar nicht geben kann.
Wo erkennst Du eine Störung bei Euch?

Was Du unbedingt wissen solltest

Jede Partnerschaft lebt vom Austausch, davon, dass es zwischen beiden fließt. Im Geben und Empfangen bewerkstelligen Mann und Frau den Austausch. In der Art des Gebens und Empfangens zeigt sich, wie frei es zwischen ihnen fließt. Deshalb lohnt es sich, Dir bewusst zu machen, in wie vielen Spielarten beide Qualitäten in Erscheinung treten können.

Geben – das ist z.B. das Abgeben (etwa von Verantwortung), die Ejakulation, die finanzielle Ausgabe, die Hingabe, die tätige Fürsorge, das Beschenken, das Mitteilen oder der Dank. Empfangen – das ist z.B. das Abnehmen und Übernehmen (etwa von Verantwortung), die Empfängnis, die finanzielle Einnahme, die Annahme, die Aufnahme, die Anteilnahme, das Zuhören oder die Bitte. Manchmal verfließen die Grenzen zwischen Geben und Empfangen. Wenn Du für Deinen Mann oder Deine Frau aufmerksam bist, gibst Du etwas und empfängst zugleich die Signale des Gegenübers. Wenn Du ihm oder ihr eine Aufgabe abnimmst, gibst Du zugleich etwas von Deiner Zeit und Energie her. Mehr darüber erfährst Du auf dem Weg Nr. 5 zum wertschätzenden Miteinander.

Sowohl beim Geben als auch beim Empfangen gilt es, in der guten Mitte zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ zu bleiben, damit keine Schuld entsteht. Zu viel Geben – das wäre z.B. Überschütten, Verausgabung oder gar Selbstaufgabe (mehr dazu beim Beitrag zu Weg Nr. 6). Zu wenig Geben – das wäre z.B. Zurückhaltung, Geiz oder Verschweigen. Zu viel Empfangen – das wäre z.B. Absahnen, Aussaugen oder übermäßiges Abnehmen von Aufgaben. Zu wenig Empfangen – das wäre z.B. Dichtmachen, Abblocken oder Zurückweisung. Achte dabei auf die möglichen Teufelskreise! Mehr Zurückhaltung entsteht oft aus Angst vor Zurückweisung und führt u.U. erst recht zur mehr Zurückweisung. Wer aus der Hoffnung auf Gegenseitigkeit heraus immer mehr gibt, erntet manchmal gerade deshalb mehr Ablehnung, Undank oder Unersättlichkeit.

Du kannst umso leichter und mehr geben, je besser Du versorgt bist und je besser es Dir gelingt, Dich immer wieder mit Energie aufzuladen. Deshalb kommt es einerseits darauf an, dass Du auch von Dir selber nimmst und Dir selber gibst, bevor Du Dich dem Partner und der Partnerin zuwendest. Andererseits kommt es darauf an, dass Ihr beide genug Anschluss an die Außenwelt habt, um von dort vieles zu empfangen, das entweder Euch persönlich zugutekommt oder das Ihr gerne miteinander teilt (mehr dazu beim Weg Nr. 1, Nr. 11 und Nr. 12). Vielleicht habt Ihr der Außenwelt auch manches zu geben, was dort besser aufgehoben ist als beim Partner oder der Partnerin.

Auch wenn beide empfänglich für Zufluss von außen sind, unterscheiden sich zwei Partner womöglich stark voneinander in der Grundversorgung, die sie mitbringen, so dass eine/r einfach grundsätzlich mehr geben kann als der/die andere. Wenn die Liebe hier trotzdem gelingt, braucht es ein wirklich großes Herz auf der einen Seite und große Dankbarkeit auf der anderen.

Mach´ Dir außerdem bewusst, was alles fließen kann – zwischen Euch, zu Euch beiden hin oder von Euch beiden weg: nicht nur Taten, Aufgaben oder Verantwortung, sondern auch Geld, Güter, Worte, Gedanken, Erkenntnisse, Information, Wahrheiten, Gefühle, Beobachtungen, Erfahrungen oder Kontakte.

Was für ein Reichtum! Je mehr Energieflüsse Dir bewusst sind, umso differenzierter wird Deine Einschätzung hinsichtlich Balance und Unausgeglichenheit ausfallen. Entscheidend ist nicht der Gleichstand innerhalb jedes Energieflusses, sondern die für beide Seiten stimmige Gesamtbilanz über alle Flüsse hinweg bzw. über diejenigen, die Euch wichtig sind. Wie viel leichter werdet Ihr es daher haben, wenn Euch dieselben Energieflüsse am Herzen liegen! Außerdem gilt nach unserer Erfahrung: Je intensiver, vielfältiger und freigiebiger Ihr miteinander in Austausch tretet, umso inniger wird Eure Bindung und umso mehr blüht die Liebe auf.

Wenn Du etwas Schönes bekommst, gib alsbald etwas Schönes zurück – selbstverständlich ohne in eine Überbietungskonkurrenz zu treten. Dann entsteht statt eines Teufelskreises ein Kreislauf des wachsenden Segens füreinander.

Die Ausgleichung gilt als eine elementare Bedingung dafür, dass Systeme stabil bleiben – so auch Paarbeziehungen. Übt Euch also darin, das Geben und Empfangen weit und flexibel in seiner ganzen möglichen Farbenpracht zu verstehen! Dabei spielt auch der Zeithorizont eine Rolle. Eine intakte Partnerschaft verkraftet durchaus Ungleichgewichte im Geben und Nehmen, wenn sie zeitlich und von der Sache her begrenzt bleiben. Ein Gleichgewicht von früher muss nicht für alle Zeit Bestand haben. Wenn ein Partner krank oder anderweitig chronisch geschwächt wird, wenn große Unterschiede im Alter oder im Altern bestehen, müssen die jeweiligen Möglichkeiten zu geben oder zu empfangen vielleicht mit anderen Augen betrachtet werden.

Dass die Ausgleichung gelingt, liegt nicht zuletzt am richtigen Platz. Viele, insbesondere Frauen, neigen dazu, zu viel zu geben, weil die sog. systemische Ordnung zwischen Mann und Frau nicht stimmt und beide nicht an dem ihnen gemäßen Platz stehen (mehr dazu in den Beiträgen zu den Wegen Nr. 7 bis 12). Dazu gehört, dass beide ein klares Ja zu ihrem geschlechtlichen Dasein und zu ihrer Gleichwertigkeit haben. Wenn sich eine/r wie am Platz eines Großen (väterlich oder mütterlich) fühlt, der/die andere sich klein und kindähnlich verhält, rutscht erstere/r übermäßig ins Geben hinein, zweitere/r übermäßig ins Empfangen. Da kann sich dann die gebende Person noch so sehr ins Zeug legen, es wird für die nehmende Person nie reichen. Im Extremfall wird letztere zum Fass ohne Boden und der Ausgleich rückt in eine schier unerreichbare Ferne. Denn Mutter oder Vater lassen sich nie durch die Partnerin oder den Partner ersetzen. Umgekehrt dürfen auch die eigenen Kinder nicht zu Großen werden, nur weil von der Frau oder dem Mann zu wenig kommt.

Zeit für Besinnung – unsere Reflexionsfragen

Nach allem, was Du gelesen hast: Wie sieht für Dich die Gesamtbilanz im Geben und Nehmen aus? Bestätigt sich Deine spontane Standortbestimmung zu Beginn des Blogbeitrags?

Bist Du gegenüber Deinem Partner bzw. Deiner Partnerin klar in dem, was Du gerne gibst und empfängst und was nicht?

Wenn Du unzufrieden mit Deinem Geben oder Nehmen bist, wem bist Du darin treu? Welches Muster wiederholst Du?

So kommt Ihr voran – unsere drei Tipps

Lebendiger Austausch

Setzt Euch zusammen und tauscht Euch über Eure Gesamtbilanz aus! Wer erlebt die Beziehung in welchem Bereich wie ausgewogen? Wer von Euch würde sich wo ein Mehr an Geben oder Empfangen wünschen, wer ein Weniger?

Danksagung

Nehmt Euch Zeit für ein kleines Dankesritual! Darin spricht erst die eine Person einen Dank für alles aus, was sie in letzter Zeit bekommen hat. Dann ist die andere Person an der Reihe. Anschließend verständigt Ihr Euch darüber, was Euch ggf. überrascht oder besonders gefreut hat.

Aktion „Verwöhnzeit“

Überrasche und beschenke Deinen Partner bzw. Deine Partnerin, auch und gerade wenn Ihr durch eine schwere Zeit geht! Sprich mit ihm oder ihr einen Zeitraum von, sagen wir, zwei, drei oder vier Wochen ab, der Euch beiden in die Planung passt. In dieser Zeit verwöhnst Du Deine/n Liebste/n nach besten Wissen Gewissen mit den Gaben, die ihm/ihr gut tun und die Du zu schenken bereit bist. Wenn die Zeit vorbei ist, schaut Ihr gemeinsam auf sie zurück und verständigt Euch darüber, was sie für Euch bewirkt hat.

Was uns persönlich bewegt - zwei Statements von uns zu dem Weg

 

Christoph Nitschke
Wenn ich für einen Moment intensiver darüber nachdenke, kommt mir, dass Karin und ich gleichzeitig Unterschiede und Ähnlichkeiten in dem aufweisen, was wir geben und empfangen. Die Unterschiede haben teils mit unserer Arbeitsteilung, teils mit unserer Persönlichkeit zu tun. Was uns jedoch total eint, ist, dass uns unsere wechselseitigen Gaben sehr willkommen sind und dass wir beide echte Genießer sind, ob nun beim Geben oder beim Empfangen. Ganz oft erlebe ich es so, dass wir gleichzeitig geben und empfangen, und das synchron. Ob das ein Geheimnis unserer Liebe ist?

 

 

 

 

Karin Scheinert
Wir können uns in so vielen Lebensbereichen etwas geben und gleichzeitig voneinander etwas empfangen. Dieses Hin- und Herfließen erlebe ich als ein ganz wunderbares Geschenk. Nach all unseren Beziehungsjahren freue ich mich immer wieder, Christoph zuhause zu empfangen, wenn er für einige Tage (beruflich) unterwegs war: mit einem schönen Essen bei Kerzenlicht und mit offenem Herzen und aufnahmebereiten Ohren für all das, was er in der Zwischenzeit erlebt hat. Umgekehrt freut sich auch Christoph auf mich und nimmt Anteil an meinen Erfahrungen. Da ich ein Mensch bin, der grundsätzlich gerne für andere da ist, neige ich manchmal dazu, zu wenig auf mich selbst zu schauen. Das ist auch in der Beziehung zu Christoph ab und an der Fall. Ich gebe erst einmal und merke dann, dass ich unzufrieden werde, weil ich dabei zu wenig auf mein eigenes Wohlbefinden geachtet habe. Mittlerweile fällt mir das schneller auf und ich prüfe für mich stärker, ob ich wirklich bereit bin zu geben. Oder Christoph spürt meine Unzufriedenheit und spricht mich darauf an. Darüber habe ich dann die Chance innezuhalten und zu überlegen. Insgesamt aber kann ich sagen, dass es mir über all die Jahre unserer Partnerschaft nach wie vor noch große Lust bereitet, Christoph Gutes zu tun. Und ich genieße es in vollen Zügen, wenn Christoph mir Gutes tut.