„Die Paarbeziehung ist das Größte - für uns!“

Der Weg Nr. 8 zur erfüllten und glücklichen Partnerschaft


Wir haben es im Blogbeitrag "Für die Liebe unterwegs" schon betont: Die Paarbeziehung ist die wichtigste Beziehung, die es zwischen Menschen geben kann. Sie hat das Potenzial für größte Intimität, tiefstes Vertrauen und innigste Verschmelzung.

Wie gut Dir die Partnerschaft gelingt, hängt nicht nur vom alltäglichen Tun und Lassen ab (Wege Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 und Nr.5), sondern von ihrem ideellen und sozialen Stellenwert. Während es auf dem Weg Nr. 7 in erster Linie um die Achtung füreinander im Binnenverhältnis geht, haben die nachfolgenden Wege Nr. 8, 9 und teilweise 10 mit dem Stellenwert der Partnerschaft im Verhältnis zu ihrem Umfeld zu tun - vor allem in der Beziehung zu den Eltern, Schwiegereltern und Kindern.
Rund um den Stellenwert und den sog. „Vorrang“ gerät oft so viel durcheinander, dass wir dem Thema mehrere Wege widmen. Aus der Begleitung von Familien wissen wir, dass sich viele Menschen darüber wenig Gedanken machen oder sich des Themas gar nicht bewusst sind. Dabei beeinflusst der Vorrang das gesamte Familienklima sowie das Geschehen auf den Wegen 1 bis 5 häufig sehr stark. Bitte nimm Dir deshalb die Zeit, um in die tieferen systemischen Einsichten und Erfahrungswerte darüber einzutauchen, was Paare zusammenhält und gedeihen lässt!
Den Weg Nr. 8 zu gehen, heißt in der Kurzfassung, sich in der Partnerschaft gegenseitig die Besonderheit zu bestätigen. Während Du Dich auf dem Weg Nr. 1 zur Zusammengehörigkeit bekennst, gehst Du hier also noch weiter und erklärst, dass Dein Mann bzw. Deine Frau für Dich an erster Stelle steht. Du lässt Dich voll und ganz auf die Paarbeziehung ein - auch um den Preis, dass andere Beziehungen ein Stück weit zurücktreten. Wie gut bist Du hier vorangekommen?

Impuls zur Standortbestimmung

Unser Impuls zur Standortbestimmung besteht aus einem Leitsatz und einer Kardinalfrage. Der Leitsatz für Weg 8 zeigt Dir, wo es in erster Linie Position zu beziehen gilt.

Wir achten den Vorrang der Partnerschaft - insbesondere gegenüber den Eltern wie gegenüber den Kindern.

Stimmst Du dieser Aussage spontan zu? Wenn ja, kannst Du Dir und Deinem Partner bzw. Deiner Partnerin auf die Schulter klopfen. Hat es gedauert, dorthin zu kommen? Oder ist es Euch leicht gefallen?

Die Kardinalfrage fordert Dich zu einem klaren Ja oder Nein heraus. Lass die Kardinalfrage bzw. Deine Antwort eine Zeitlang auf Dich wirken, bevor Du weiterliest!

Wenn Du auf all Deine Lebensbereiche und alle damit verbundenen Beziehungen schaust, steht dann die Partnerschaft für Dich vom Herzen her an erster Stelle?

Woran Du erkennst, dass es nicht stimmt

Was Vorrang praktisch heißt, lässt sich recht gut an Situationen demonstrieren, wo der Vorrang fehlt. Das ist z.B. der Fall, wenn Dein Mann mehr mit der Firma als mit Dir verheiratet ist. Wenn er häufiger mit seiner Mutter als mit Dir ißt. Wenn er in seiner Freizeit immer das Zusammensein mit den Kindern bevorzugt. Wenn seine Kumpel Dich ihm ausreden wollen. Oder wenn Deine Frau nur noch Augen und Ohren für die Kinder hat. Wenn sie alle Beziehungsangelegenheiten mit ihren Freundinnen bespricht, bevor Du davon erfährst. Wenn sie sich mehr um ihre oder Deine Eltern kümmert als um Dich. Wenn sie mehr auf ihren Vater als auf Dich hört. Wenn ihr Pferd oder Euer Hund mehr Aufmerksamkeit bekommen als Du. Oder wenn die Kinder in die Position von Ersatzpartnern geraten, weil der/die eigentliche Partner/in so wenig präsent ist.

Der schlimmste Alptraum besteht wohl darin, wenn Du als Frau eines Tages entdeckst, dass Dein Mann ein Doppelleben führt und womöglich über Jahrzehnte eine zweite Frau oder gar eine zweite Familie hat. Wenn Männer dagegen klassisch „fremdgehen“, ist es in aller Regel so, dass die frühere Partnerin ihre Vorrangposition behält, während die spätere Geliebte meist umsonst darauf hofft, dass der Mann sich für sie entscheidet. (Frauen gehen deutlich seltener auf diese Weise „in die Fremde“.) In bewusst verabredeten Dreiecks- oder Vierecksbeziehungen kommt es so gut wie nie dahin, dass es allen Beteiligten dauerhaft gut geht.

Was Du unbedingt wissen solltest

Als ein wesentlicher Faktor für den Bestand jeglicher sozialer Systeme, also auch der Paarbeziehung, hat sich in der systemischen Forschung die Einhaltung von sog. Rangordnungen herausgestellt. Dabei geht es sowohl um die Rangordnung zwischen den Mitgliedern eines Systems als auch um die Rangordnung zwischen verschiedenen Systemen. Bert Hellingers wegweisendes Buch zum Thema hieß nicht umsonst „Ordnungen der Liebe“. Auch wenn es sich so anhört: Die Rangordnung hat wenig mit typischem Hierarchiedenken zu tun und sagt nichts darüber, wie wertvoll jemand ist, sondern stellt auf die Würdigung verschiedener Rollen bzw. Plätze ab.

In unserem Kulturkreis haben sich u.a. folgende Rangordnungen bewährt:

  • die Gleichrangigkeit von Mann und Frau bzw. von zwei Partnern: Wenn eine/r über dem/der anderen steht, kann es nicht lange gut gehen (siehe dazu auch den Weg Nr. 7).
  •  der Vorrang der Liebe vor dem „Geschäft“: Die Paarbeziehung darf dem wirtschaftlichen Erfolg nicht untergeordnet werden.
  •  der Vorrang der Älteren bzw. Früheren in einem System gegenüber den Jüngeren bzw. Späteren: Die Ersteren haben einen „Bindungsvorsprung“, sie haben etwas aufgebaut, was den Nachfolgern zugutekommt, sie verfügen oft über ein spezielles Wissen und tragen eine besondere Verantwortung, die dem Fortbestand dienen. In der Familie sind insbesondere die Eltern die Älteren für die Kinder. Doch auch die früher geborenen Kinder sind Ältere für ihre jüngeren Geschwister.
  • der Vorrang des jüngeren bzw. später entstandenen Systems gegenüber dem älteren System: Das neuere System, hier also das junge Paar, braucht vor allem in der Gründungsphase bzw. in den Anfangsjahren das Wohlwollen und die Unterstützung des älteren, also vor allem der Eltern.

Alle Beteiligten fahren gut, wenn sie diese Ränge würdigen. Was vielleicht abstrakt klingt, lässt sich so zuspitzen: „Nichts und niemand macht Dir Deinen und Euch Euren Platz streitig! Euer Platz in der Gesamtordnung ist Euch beiden sicher!“ Fühlt sich das nicht gut an?

Beim Vorrang genügt kein Lippenbekenntnis. Es kommt darauf an, dass es für Dich wie für Deine/n Partner/in glaubhaft und spürbar ist, dass Ihr füreinander die Wichtigsten seid. Das muss nicht unbedingt die Menge an Zeit sein, die Ihr miteinander verbringt. Welche Paarzeit kann schon stundenmäßig mit der Fürsorgezeit für Kinder oder mit einer Vollzeitstelle im Beruf konkurrieren! Entscheidend ist, dass Ihr ein gemeinsames Verständnis für Eure exklusive Sphäre entwickelt, diese Sphäre mit einer klaren Grenze nach außen schützt und sie mit Hilfe von Regelungen und Absprachen pflegt. In diese Sphäre fallen typischer Weise die emotionale und sexuelle Intimität, die großen Entscheidungen in den Fragen der Finanzen, des Wohnens und des Berufs oder der Umgang mit den Kindern.

Was Paare häufig tief miteinander verbindet, sind bewusste Entscheidungen für den/die Partnerin in typischen Schlüsselsituationen: Deine Frau ist zwischen Dir und einem anderen Mann hin- und hergerissen und entscheidet sich für Dich. Dein Mann stellt die Karriere Dir zuliebe etwas zurück. Dein Mann verzichtet auf die eine Woche mit den Freunden und macht stattdessen einen Städteurlaub mit Dir. Deine Frau verkauft das Pferd, um mehr Zeit für Dich zu haben. Ihr nehmt ein kleineres Auto, damit mehr Geld für Familienurlaube übrigbleibt. Ihr zieht von den Eltern weg, um frei zu sein.

Manche Lebensumstände erschweren es, dem Vorrang gerecht zu werden. Dazu zählen z.B. pflegebedürftige Angehörige, Kinder mit körperlicher oder geistiger Behinderung oder wirtschaftliche Nöte des Familienbetriebs. Umso wichtiger wird es dann, dass Mann und Frau sich ihrer Bedeutung füreinander immer wieder rückversichern und Formen finden, sich dies gegenseitig zu zeigen.

Nach unseren Beobachtungen zum Thema Vorrang stehen Partner am häufigsten vor der Aufgabe, den Stellenwert ihrer Beziehung gegenüber der eigenen Herkunftsfamilie durchzusetzen oder zu verteidigen. Hier geht es also um den erwähnten Vorrang des jüngeren Systems. Die Partner geraten umso stärker in einen inneren Konflikt zwischen sich als Mann bzw. Frau einerseits und als Sohn bzw. Tochter andererseits, je mehr Verpflichtungen sie gegenüber ihrem Elternhaus übernommen oder auch aufgebürdet bekommen haben. Die Grenzen zwischen Freiwilligkeit, subtiler Einbindung und Nötigung verlaufen da fließend.

Wenn ein Kind zum Hauptvertrauten, zum Ersatzpartner für die Mutter oder den Vater wird, vielleicht sogar zu einem Bündnispartner gegen den anderen Elternteil, dann gefährdet das ebenfalls akut die Paarbeziehung. Ähnliches gilt, wenn Mama und/oder Papa als „Helikopter-Eltern“ nur noch um die Kinder kreisen oder wenn die Kinder anfangen, die Eltern zu schikanieren oder sich sogar zu kleinen Tyrannen aufzuspielen. In all diesen Fällen ist der Vorrang der Früheren gegenüber den Späteren außer Kraft gesetzt. Als Vater oder Mutter hast Du die Aufgabe, dem entgegenzuwirken. Das trifft übrigens auch dann noch zu, wenn die Kinder schon erwachsen sind.

Eine kritische und manchmal ziemlich vertrackte Angelegenheit sind immer wieder die berühmten Patchwork-Konstellationen. Nehmen wir an, Du hast als Mann Kinder mit einer Frau, von der Du Dich getrennt hast, und bist eine neue Beziehung eingegangen. Dann hast Du mit dieser Frau gleichsam ein neues bzw. jüngeres System gegründet, und dieses System braucht den besagten Vorrang, damit es halten und gedeihen kann. Für seine Anerkennung und für die Anerkennung der zugehörigen Frau musst Du nicht nur Deine Eltern, sondern insbesondere Deine Kinder gewinnen. Andererseits gehören Deine Kinder schon länger zu Dir als Deine jetzige Frau. Deren längere Zugehörigkeit begründet ebenfalls einen Vorrang, den die Jüngeren im System, sprich die neue Frau, zu beachten hat und den Du zu beachten hast, wenn Ihr Euch nicht den Boden unter den Füßen wegziehen wollt. Du hast hier also die Aufgabe, zwei verschiedene Arten von Vorrängen miteinander auszubalancieren.

Oder andersherum gesprochen: Wenn Du Deine neue Frau vergraulen willst, dann lass Deine Kinder alle Ansagen machen! Wenn Du Deine Kinder gegen Dich und Euch aufbringen willst, dann gib immer Deiner neuen Liebe nach!

Noch komplizierter wird es, wenn die neue Frau ebenfalls Kinder in die Partnerschaft mitbringt und wenn aus der neuen Beziehung weitere Kinder hervorgehen. Es ist eine spannende Aufgabe im Rahmen der systemischen Familienaufstellungen, für solche Patchwork-Familien nach der Ordnung zu suchen, in der sich alle Beteiligten wohl fühlen. Auch wenn wir die systemischen Regeln kennen sowie über viele Erfahrungswerte verfügen, wer am besten auf welchem Platz im Gesamtgefüge steht, kann die tragfähige Lösung von Fall zu Fall ganz unterschiedlich aussehen.

Selbstverständlich spielen die Partner/innen von früher bei all dem ebenfalls eine wichtige Rolle. Darüber erfährst Du mehr auf dem Weg Nr. 10.

Zeit für Besinnung – unsere Reflexionsfragen

  • Welche Störungen in Deiner Partnerschaft könnten mit Vor- und Nachrangigkeit zu tun haben?
  • Wie sind Dir in Deinem Leben bislang Erfahrungen von Nachrangigkeit begegnet, sei es in Deiner jetzigen oder in einer früheren Partnerschaft, bei Deinen Eltern oder im Freundeskreis? Schärfe darüber Dein Bewusstsein für Vorränge!
  • Wenn Du Dich zurückversetzt fühlst, dann prüfe sorgfältig: Liegt es wirklich am Verhalten Deines Mannes oder Deiner Frau? Worin besteht Dein Beitrag dazu, indem Du Dich nicht so einbringst, wie Du könntest? Welche alten Selbstzweifel könnten im Hintergrund hineinspielen?

So kommt Ihr voran – unsere drei Tipps

Klärung im Zwiegespräch

Setze Dich mit Deiner Partnerin bzw. Deinem Partner zusammen und frage sie/ihn ganz direkt: Wie kann ich es Dir noch mehr zeigen, wie wichtig Du mir bist?

Überraschender Prioritätsbeweis

Oder Du wirst gleich offensiv: Zeige Deinem Mann bzw. Deiner Frau, dass er/sie für Dich an erster Stelle steht! Und zwar auf eine Weise, womit Du ihn/sie besonders überraschst, weil er/sie das am wenigsten von Dir erwartet hätte. Mit etwas, wo Du Dir gleichwohl sicher sein kannst, dass Du damit eine Freude machst.

Gute Worte an das Umfeld

Falls es Zündstoff gibt: Finde friedliche Worte dafür, wie Du es Dritten sagst, dass Du in erster Linie zu Deiner Frau bzw. Deinem Mann gehörst! Übe Dich darin und höre Dir selber beim Sprechen zu! Wenn Du Dir darin sicher geworden bist, gehe ins direkte Gespräch mit denen, die es angeht.

Was uns persönlich bewegt - zwei Statements von uns zu dem Weg

 

Christoph Nitschke
Zu Beginn unserer Liebesbeziehung war ich nicht gerade der Eindeutigste. Als ich mich in Karin verliebte, war ich mehr oder weniger an eine andere Freundin gebunden, nennen wir sie Beatrix. Doch die war für mehrere Jahre nach Nordamerika gegangen und hatte sich ihrerseits in einen Mann verliebt, der verheiratet war. Ich hatte die Vorstellung, dass ich vielleicht mit beiden Frauen zusammen sein könnte, wenn sie zurückkäme. Diese Kopfkreation zerschlug sich ziemlich schnell, als ich mit Beatrix einen Urlaub in den USA machte, während Karin mit Freunden in Südeuropa unterwegs war. Die Zeit mit Beatrix endete dramatisch mit einem liegengebliebenen Auto in der Wüste – ich war einfach im Herzen viel zu sehr schon bei Karin. Später, als ich mich schon längst für Karin entschieden hatte, kamen mal meine Eltern nach Berlin zu Besuch, und ich wollte diese Zeit weitgehend ohne Karin verbringen. Da gab Karin mir ganz schön Zunder. Heute weiß ich, dass es damals um Fragen des Vorrangs ging.

 

Karin Scheinert
Christoph und ich lernten uns am Ende unseres Studiums der Volkswirtschaft in einer Prüfungsvorbereitungsgruppe kennen. Ich verliebte mich auf Anhieb in ihn. Allerdings war ich da seit vier Jahren mit einem anderen Mann zusammen. Inspiriert von eingen Büchern von Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre, die ja eine offene Beziehung lebten, war mir klar: Ich will diese Verliebtheit ausleben. Das hieß für mich erst einmal, mit meinem damailgen Freund darüber zu sprechen und ihm meine Entscheidung mitzuteilen. Es war für ihn nicht leicht, aber er ließ sich auf mein Doppel-Beziehungsleben ein. Zunächst hatte die Beziehung zu ihm noch Vorrang. Nach einem halben Jahr wusste ich, dass ich nur mit Christoph eine Partnerschaft will. Ich beendete die Beziehung mit meinem mehrjährigen Freund. Christoph konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig für mich entscheiden. Also vertraute ich auf das, was ich zu ihm hin fühlte und mit ihm erlebte. Ich war bereit, noch ein halbes Jahr zu warten, bis er seine Freundin Beatrix in USA besuchte. Wenn Christoph aus USA zurückgekommen wäre und mir gesagt hätte, dass er mit ihr weiterhin eine Liebesbeziehung haben wollte, dann hätte ich mich von ihm getrennt. Damals gab es ja noch keine Handys, wir waren beide unterwegs und konnten auch nicht telefonieren. Zurück von meinem Urlaub in Südeuropa schloss ich total aufgeregt meine Wohnungstür auf und stürzte mich auf die Karten und Briefe von Christoph, der da ja noch in USA war. Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich war zu lesen, dass ich für ihn die Frau bin, mit der er in Zukunft sein Leben teilen will. Es war ein wunderschönes Wiedersehen, als er überraschenderweise frühzeitig aus USA zurückkehrte.Wenn ich an unsere Anfangszeit denke, bin ich immer noch sehr froh darüber, dass ich den Mut hatte, unserer Liebe zu vertrauen.